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Lehrstuhl für Biogeografie

Prof. Dr. Carl Beierkuhnlein

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Doktorarbeit

Advances in Conservation Biogeography: Towards Protected Area Effectiveness under Anthropogenic Threats

Samuel Hoffmann (05/2016-12/2019)

Betreuer: Carl Beierkuhnlein, Heike Feldhaar, Manuel Steinbauer

Das Anthropozän zeichnet sich durch eine beispiellose Zerstörung der Natur aus, welche das sechste Massenaussterben in der Erdgeschichte bewirkt hat. Die wesentlichen Gründe dieser immensen Schädigung der Natur sind die menschliche Landnutzung und der anthropogene Klimawandel. Ein Dilemma entsteht, da menschliches Wohlergehen von der Bewahrung einer intakten Natur abhängt. Wir ziehen Nutzen aus der Funktionalität von Ökosystemen, deren Gütern und Dienstleistungen, die auf Biodiversität beruhen. Darüber hinaus haben Arten das Recht, zu existieren, unabhängig von ihrem Wert für uns Menschen. Im Wert des Nutzens und der Existenz der Natur liegt der Naturschutz begründet. Globale Hotspots der Biodiversität stehen im Fokus des internationalen Naturschutzes, da sie ein reiches Inventar an Arten beinhalten. Inventory diversity ist allerdings nur eine von drei übergeordneten Kategorien, welche Indizes der Artenvielfalt klassifizieren. Andere Kennzahlen der Artenvielfalt, welche komplementäre Informationen bieten, können der differentiation diversity oder proportional diversity zugeordnet werden und messen die Unähnlichkeit zwischen Artenzusammensetzungen. Effektiver Schutz von Biodiversität berücksichtigt sowohl diverse Messgrößen der Artenvielfalt, als auch Bedrohungen für Biodiversität. Der anthropogene Klimawandel stellt eine wesentliche Gefahr für Biodiversität dar, der unvermeidlich sämtliche Regionen der Erde verschiedenartig beeinflusst, und nicht nur Hotspots der Artenvielfalt. Die Veränderung in der Magnitude, Zeit, Position und Verfügbarkeit von Klimabedingungen wirkt sich auf die Demographie, Phänologie und Verbreitung von Arten aus, mit ungewissen Folgen für Ökosysteme weltweit. Aus diesem Grund muss Biodiversitätsschutz auf große geographische Maßstäbe angewandt werden, was biogeographischen Naturschutz auszeichnet. Biogeographen erforschen Schutzgebiete als wesentliche Werkzeuge zur langfristigen Bewahrung von Biodiversität auf der lokalen bis globalen Ebene, da ein großer Teil der Biodiversität kaum in ungeschützten, vom Menschen intensiv genutzten Landschaften bestehen kann. Schutzgebiete decken ca. 15% der globalen Landfläche ab. Schutzgebiete benötigen effektive und effiziente Planung und Management, um die Herausforderungen anthropogener Bedrohungen zu bestehen. Eine solche Planung und Management benötigen eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Daten über den momentanen Stand und Trends in der Natur und deren Gefährdungen, was durch Beobachtungssysteme vor Ort, durch Fernerkundungstechniken und frei verfügbaren Dateninfrastrukturen umgesetzt werden kann. Aufgrund von limitierten Ressourcen für Planung und Management werden Naturschutzziele priorisiert. Wegen der steigenden Bedeutung von Schutzgebieten angesichts der expandierenden menschlichen Landnutzung und des zunehmenden Klimawandels befasse ich mich in dieser Arbeit und den dazugehörigen Manuskripten mit der Effektivität und Effizienz von terrestrischen Schutzgebieten für den Erhalt der Biodiversität unter anthropogenen Bedrohungen. Ich ordne jedes meiner Manuskripte wissenschaftlichen Modulen eines Zyklus für adaptives Schutzgebietsmanagement zu. Das adaptive Management von Schutzgebieten ist ein vielversprechendes Konzept, um die anhaltende Effektivität von Schutzgebieten im Kontext zukünftiger, unsicherer Entwicklungen zu ewährleisten. Meine Manuskripte liefern fehlende wissenschaftliche Grundlagen für adaptives Schutzgebietsmanagement. In Manuskript 1 präsentiere ich eine umfassende Quantifizierung der Vielfalt von in der Europäischen Union priorisierten Arten innerhalb großer Naturschutzgebiete der Europäischen Union. Diese Quantifizierung von inventory, differentiation und proportional diversity informiert das Schutzgebietsmanagement über vielfältige Kennzahlen der Artenvielfalt, um die Effektivität des Schutzgebietsmanagements von der lokalen bis zur europäischen Ebene zu erhöhen. In Manuskript 2 prüfe ich, inwieweit Fernerkundungsdaten, d.h. Daten eines in der Luft beförderten Light-Detection-and- Ranging-Sensors und Daten einer multispektralen Sentinel-2-Zeitreihe, die Unähnlichkeiten in den Zusammensetzungen von mehrjährigen Pflanzenarten auf der geschützten Kanareninsel La Palma widerspiegeln. Diese Studie fördert effizientes Monitoring von differentiation diversity durch Fernerkundungstechniken. Das Monitoring der biotischen und abiotischen Umwelt ist eine Voraussetzung für adaptives Schutzgebietsmanagement. Ich habe zudem eine Methode entwickelt, welche die in-situ Erfassung von Biodiversität optimiert, d.h. den Informationsgehalt maximiert und den Erfassungsaufwand minimiert (Manuskript 3). Dieses Verfahren steigert die Effizienz von in-situ Erfassungen, was notwendig ist, wenn Managementressourcen wie Zeit und finanzielle Mittel limitiert sind. Als Fallstudie habe ich die inventory diversity von alpinem Grasland im italienischen Gran Paradiso Nationalpark untersucht. Ich stelle diese Daten über einen gefährdeten Vegetationstypen in einer Open-Data-Veröffentlichung zur Verfügung (Manuskript 4). Darüber hinaus zeige ich vorhergesagte Änderungen in der Verfügbarkeit von Klimabedingungen (Manuskript 5) und die Magnitude des Klimawandels (Manuskript 6) in den globalen terrestrischen Schutzgebieten für zwei alternative Klimawandelszenarien und das Jahr 2070 auf. Diese beiden Studien informieren Schutzgebietsmanagement weltweit über Auswirkungen des Klimawandels auf gefährdete Arten, Ökosysteme und Biome, damit die Effektivität des zukünftigen Schutzgebietsmanagements von der lokalen bis globalen Ebene aufrechterhalten werden kann. Außerdem ziele ich darauf ab, dieses naturschutz-relevante Wissen und Daten aktiv zu verbreiten, indem ich meine Daten und Software kostenfrei zur Verfügung stelle, und die Manuskripte in open-access Journalen publiziere. Folglich fördert diese Arbeit die Effektivität und Effizienz von Schutzgebieten durch adaptives Schutzgebietsmanagement. Biogeographische Wissenslücken zu schließen, biogeographische Vorhersagen zu verbessern und Naturschutz durch die Kommunikation von Wissenschaft zu unterstützen, sind permanente Aufgaben von Biogeographen im Naturschutz. Die globale Biodiversitätskrise kann überwunden werden, wenn international koordinierte Naturschutzstrategien auf lokaler Ebene in der ganzen Welt umgesetzt werden. Schließlich halte ich die Entwicklung eines globalen Systems zum adaptiven Management von Schutzgebieten weltweit für die erstrebenswerteste zukünftige Perspektive im biogeographischen Naturschutz, damit die Zerstörung der Natur gestoppt und eine nachhaltige Zukunft für kommende Generationen geschaffen werden kann.

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